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Münchner Merkur·vor 1 Tag
Auszug:
– Die evangelische Kirche in Oberallershausen braucht dringend neue
Glocken. Alle drei leiden unter Materialermüdung und müssen deshalb
ausgetauscht werden – im Moment ist es still im Glockenturm der
evangelischen Kirche.
Auszug:
Aus Empörung über Seenotrettung: Ein Gemeinderat verweigert Zuschuss für Kirchenglocken
vonAndrea Beschorner
Der
Kirchdorfer Gemeinderat diskutierte über einen Zuschuss für eine
Kirchenglockensanierung. Dabei fiel einer der Räte mit einer
zweifelhaften Aussage auf.
Um das rund
70.000-Euro-Projekt (inklusive eines neuen Glockenstuhls) zu
finanzieren, hat die evangelische Kirchengemeinde Oberallershausen die
umliegenden Kommunen um finanzielle Unterstützung gebeten. So auch die
Gemeinde Kirchdorf. Bürgermeister Uwe Gerlsbeck berichtete von einem
Gespräch mit Pfarrerin Karin Volke-Klinke, die ihm im Detail erläutert
hatte, wie die Finanzierung aussehen soll. Demnach trage die Pfarrei
Oberallershausen einen Betrag von 27.000 Euro, die Diakonie 25.000 Euro
und der Rest, sprich 18.000 Euro, solle über Zuschüsse der Kommunen nach
der Anzahl der evangelischen Kirchenmitglieder finanziert werden. Für
Kirchdorf wäre das nach diesem Schlüssel ein Zuschuss in Höhe von 2000
Euro, über den im Gemeinderat am Dienstag abgestimmt werden sollte.
„Die Kirche verfügt über genügend Vermögen“
Dazu
meldete sich Gemeinderat Martin Endres (CSU/FW) zu Wort. Er würde das
nicht begrüßen, weil die Kirche über genügend Vermögen verfüge. Zudem,
so Endres weiter, beteilige sich die evangelische Kirche Deutschland an
Erwerbskosten für Schiffe, „um noch mehr Flüchtlinge ins Land zu holen“.
Wenn „die“ (gemeint war die evangelische Kirche, Anm. der Redaktion)
Geld für „sowas“ hätten, wetterte Endres, dann sollen sie doch bitte
auch die Kosten für die Glockensanierung selbst tragen. Die
Kirchenglocken hätten mit der Gemeinde Kirchdorf nichts zu tun, findet
Endres. Und überhaupt: „Es gibt keine Seenotrettung“, so die Überzeugung
des Gemeinderatsmitglieds. Vielmehr sieht er in der Finanzierung eines
Schiffes, das Ertrinkende aus dem Meer rettet, eine Unterstützung von
Schlepperbanden. „Das ist so!“, bekräftigte er nach der
Gemeinderatssitzung auf FT-Nachfrage.
Wortmeldung bleibt fast unkommentiert
Gemeinderätin
Susanne Ackstaller (FWG) kommentierte Endres’ Wortmeldung: „Zu deiner
Ansicht zum Thema Seenotrettung sag ich jetzt nichts.“ Zum beantragten
Zuschuss meinte sie: „Der Anteil, den die Gemeinde Kirchdorf übernehmen
soll, ist ja nicht sonderlich hoch.“ Ansonsten blieb Endres’ Wortmeldung
in der Sitzung am Dienstag unkommentiert. Birgit Weinsteiger-Tauer
(CSU/FW) meinte, es wäre nett gewesen, die von Gerlsbeck verlesene
Übersicht, welche Gemeinde wie viel zahlt, ebenfalls zu bekommen –
„damit das Ganze nachvollziehbar für uns ist“.
Mehrheit stimmt für Bezuschussung
Am
Ende war die Mehrheit des Kirchdorfer Gremiums für eine Bezuschussung –
mit den Gegenstimmen von Martin Endres und Claudia Reinmoser (FWG). Im
Gemeinderat Allershausen war die Zustimmung für den Zuschuss zum
Glockenprojekt der Evangelischen Kirche unumstritten. 5000 Euro für die
neuen Glocken, die im Frühjahr 2020 gegossen werden sollen, wurden ohne
Diskussion und ohne Gegenstimme abgesegnet.
Evangelische Pfarrerin nimmt Stellung zur Aussage von Martin Endres
Pfarrerin
Karin Volke-Klinke nimmt Stellung zur Aussage von Gemeinderat Martin
Endres: „Im Gleichnis vom Barmherzigen Samariter wird ein Mensch, der in
Not geraten ist, von einem Menschen gerettet, von dem er es am
wenigsten erwartet hat: Ein Mensch mit Migrationshintergrund und anderer
Religionszugehörigkeit, ein Samaritaner, leistet erste Hilfe und sorgt
für die weitere Pflege des Verwundeten. Der Fremde wird ihm so zum
Nächsten. Jesus sagt zu seinen Zuhörern: Gehet hin und tut desgleichen.
In
unsere Gesellschaft werden oft die falschen Fragen gestellt. Die Frage
ist nicht, ob wir Menschen, die in Seenot sind aus dem Meer retten. Jede
andere Antwort als „ja“ wäre zynisch und mit den Menschenrechten nicht
vereinbar. Die richtige Frage ist meines Erachtens die, wie wir die
Fluchtursachen bekämpfen können. Klimawandel, eine
Weltwirtschaftsordnung, in der die Reichen Länder den Ärmeren Preise
diktieren und unzumutbare Lebensbedingungen bescheren, bewaffnete
Konflikte, all das sind Gründe, die Menschen in die Flucht treiben. Die
reichen Länder könnten mehr gegen die Bekämpfung der Ursachen tun, als
sie wahrhaben wollen. Ich kann verstehen, dass die Herausforderung von
Integration und Zuwanderung für unsere Gesellschaft manchen Menschen
Angst macht.
Doch der Blick
in die Geschichte zeigt, dass offene Gesellschaften, die fähig waren,
fremde Bevölkerungsgruppen zu integrieren, sich immer besser entwickelt
haben, als Völker, die sich abgeschottet haben. Zu dieser Fähigkeit der
Integration leisten die Kirchen sowohl durch ihre Verkündigung als auch
durch viele diakonische Initiativen einen entscheidenden Beitrag.
Gelebte Frömmigkeit ist kein Selbstzweck. Sie zeigt sich in der Liebe
zum Nächsten. Und damit meint Jesus nicht Freunde oder Verwandte,
sondern jeden Menschen, auch den, der auf der Flucht ist. Die Frage ist
also auch nicht „Seenotrettung oder Kirchenglocken“? Eine der neuen
Glocken, die Christusglocke wird die Aufschrift tragen: ,Selig sind, die
Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen’ (Mt.5,7) Frieden
ohne Nächstenliebe ist kein Frieden.“
„Gemeinderat segelt auf falschem Kurs“: Kommentar von Redakteurin Andrea Beschorner
„Wenn
Beatrix von Storch in Attenkirchen ihren Auftritt hat, bereite ich mich
als Reporterin innerlich auf rechtspopulistische Reden und
menschenverachtende Parolen vor. Dass es dafür gar keine
AfD-Veranstaltung mehr braucht, hat sich am Dienstag im Gemeinderat
Kirchdorf gezeigt. Martin Endres, der für die CSU/FW-Fraktion im Gremium
sitzt, hat gegen einen Zuschussantrag der evangelischen Kirchengemeinde
Oberallershausen gestimmt – mit der haarsträubenden Begründung: Die
evangelische Kirche Deutschland habe gerade erst ein Schiff gekauft, „um
noch mehr Flüchtlinge ins Land zu holen“. Seine Überzeugung:
„Seenotrettung gibt es nicht, die Aktion ist Unterstützung von
Schleppertätigkeit.“ Und wer dafür Geld hat, soll sich seine Glocke
selbst zahlen. Ein „schönes“ Beispiel dafür, dass es hetzerische
Stammtischparolen mittlerweile überall gibt. Traurig!
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