Berlin (dpa) - Mit einem Vorstoß für deutlich mehr Bundespolizisten forcieren die Grünen ihr Werben um die politische Mitte in Deutschland. "Wir setzen auf eine starke Polizei", heißt es in einem Eckpunktepapier der Bundestagsfraktion zur Inneren Sicherheit, das der dpa in Berlin vorlag.
"Der wachsenden Verunsicherung der Bevölkerung muss die Sicherheitspolitik mit geeigneten Maßnahmen begegnen, die neues und begründetes Vertrauen schaffen", heißt es dort unter Verweis auf die Terroranschläge in Paris und Brüssel. Zuerst hatte "Die Welt" über das Papier berichtet.
Viel zu spät habe die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) "erkannt, wie gefährlich es war, Stellen bei Bundespolizei abzubauen", kritisiert die Grünen-Fraktion. Die Personalauswahl müsse "darauf zielen, die Polizei durch noch mehr Kompetenz, Vielfalt und demokratisches Selbstverständnis zu stärken. Die nun angekündigten 3000 Stellen in den nächsten Jahren reichen nicht, um den Trend des vergangenen Jahrzehntes umzukehren."
Gute Polizeiarbeit brauche moderne Büro-, Informations- und Kommunikationstechnik. "Auch bei der Analyse der Bedrohungslagen und bei der Gefahrenabwehr geben wir Polizeiarbeit den Vorzug vor Geheimdiensttätigkeit."
Neben einer Stärkung und Neuorganisation der Polizei plädieren die Grünen dafür, die Arbeit der Nachrichtendienste wirksamer als bisher zu kontrollieren. "Wir stehen für einen starken Rechtsstaat, der Sicherheit gewährleistet und nicht denjenigen auf den Leim geht, die mühsam erkämpfte Freiheitsrechte abbauen wollen." So müsse die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes "endlich klar gesetzlich geregelt werden, die Nachrichtendienste brauchen wirksame parlamentarische Kontrolle", heißt es.
Für das Bundesamt für Verfassungsschutz streben die Bundestags-Grünen "eine echte Zäsur" an. An seiner Stelle solle "ein neues unabhängiges Institut zum Schutz der Verfassung demokratie- und menschenfeindliche Bestrebungen beobachten und analysieren".
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt betonte: "Bürgerrechte und mehr Sicherheit gehen zusammen." Indes hätten "ausufernde Massenüberwachung und der Abbau von Bürgerrechten der vergangenen Jahre Deutschland nicht sicherer gemacht – im Gegenteil".
Das Eckpunktepapier der Fraktion um Göring-Eckardt und Anton Hofreiter ist insofern bemerkenswert, als die Grünen der Polizei seit den Anfängen in den 70er Jahren lange Zeit sehr kritisch gegenüber gestanden hatten. Beispielsweise hatte der frühere Grünen-Spitzenmann und Außenminister Joschka Fischer eingeräumt, vor seiner Zeit als Politiker gegen Polizisten gewalttätig geworden zu sein.
Der innenpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), warf den Grünen einen Mangel an Glaubwürdigkeit vor. Die Forderung nach mehr Personal für die Sicherheitsbehörden sei vor kurzem noch mit dem Schreckgespenst Polizeistaat kommentiert worden. "Dies und auch das nach wie vor bestehende, grundlegende Misstrauen der Grünen gegen den Verfassungsschutz zeigen, wie unglaubwürdig solche Versuche sind, sich vom Saulus zum Paulus zu wandeln, nur weil man meint, damit Wählerstimmen gewinnen zu können", sagte Mayer der "Saarbrücker Zeitung" (Mittwoch). Linke-Fraktionsvize Jan Korte sprach von einem "Hase- und Igelrennen" beim Thema Innere Sicherheit.
Grünen-Eckpunkte Innere Sicherheit "Mehr Sicherheit durch Rechtsstaatlichkeit"