Errol Gutowski ergu-mail@t-online.de der Volksgerichtshof
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Bundesverwaltungsgericht
Enteignung;
besatzungshoheitliche Grundlage; bisher unbekannte SMAD-Befehle;
Enteignungsverbot; Unterbrechung des besatzungshoheitlichen
Zurechnungszusammenhangs; Eintragung in Liste B in einem
SMAD-Befehl.
Ein
Enteignungsverbot der sowjetischen Besatzungsmacht kann sich auch aus einem
bisher nicht bekannten SMAD-Befehl ergeben, wenn er einschließlich der
Freigabelisten echt und dadurch in der Rechtswirklichkeit erkennbar geworden
ist, dass er den Bereich der befehlsgebenden Stelle verlassen
hat.
BVerwG, Urteil vom 7.
3. 2007 - 8 C 28. 05; VG Potsdam
(lexetius.com/2007,1052)
[1] In der
Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 7. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter am
Bundesverwaltungsgericht Gödel, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr.
Pagenkopf, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg, den
Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser für Recht erkannt:
[2] Das
Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 11. Januar 2005 wird
aufgehoben.
[3] Die
Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das
Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
[4] Die
Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung
vorbehalten.
[5] Gründe:
I Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht die Rückübertragung des 86 m2 großen
Grundstücks mit der jetzigen Bezeichnung: Grundbuch von W. Band 99, Blatt 3581,
Bestandsblatt 1349, Flur 10 Flurstück 286. Seit 1919 stand das Grundstück im
Eigentum des Dr. R. S., der es mit notariellem Vertrag vom 7. Mai 1945 auf
seinen Sohn Dr. J. S. übertrug. Die Eigentumsumschreibung erfolgte am 6. Juni
1946. Dr. R. S. verstarb 1958. Sein Sohn trat den Rückübertragungsanspruch
bezüglich des streitbefangenen Grundstücks 1992 an den Kläger
ab.
[6] Aufgrund des SMAD-Befehls Nr. 124 vom
30. Oktober 1945 ist das gesamte Vermögen des Dr. R. S. beschlagnahmt und
sequestriert worden. In dem hierzu ergangenen Verzeichnis (Liste "A"), das für
den Kreis Z.-B. erstellt war, ist Dr. R. S. unter der laufenden Nr. 310
aufgeführt.
[7] Im März
1947 wurde Dr. R. S. vor der Provinzialverwaltung in Brandenburg beschuldigt,
eine ihm gehörige Scheune in der Zeit von 1928 bis 1933 als SA-Heim zur
Verfügung gestellt zu haben und seit Dezember 1920 Mitglied der früheren NSDAP
gewesen zu sein. Im Mai 1947 stellte sein Sohn unter Beifügung mehrerer
Entlastungsschreiben bei dem "Minister des Inneren der Provinzialregierung der
Mark Brandenburg" den Antrag, Dr. R. S. von der Enteignung
"freizusprechen".
[8] Auf der
Grundlage des SMAD-Befehls Nr. 64 vom 17. April 1948 wurde das
Sequestrierungsverfahren abgeschlossen und die Enteignung durch den Beschluss
der Deutschen Wirtschaftskommission (DWK) bestätigt. Mit Kabinettsbeschluss der
Landesregierung Brandenburg vom 5. Mai 1948, modifiziert unter dem 20. Juli
1948, wurde der Enteignung und Übergabe der sequestrierten sonstigen
Vermögenswerte in das Eigentum des Volkes zugestimmt. Mit einer ministeriellen
Enteignungsurkunde vom 30. November 1948 wurde die Enteignung des Dr. R. S.
bestätigt und als rechtskräftig bezeichnet. Am 29. März 1949 wurde für das
streitbefangene Grundstück im Grundbuch das Eigentum des Volkes eingetragen und
das Grundstück anschließend dem Kommunalwirtschaftsunternehmen der Stadt W. als
Rechtsträger zur Verwaltung überlassen.
[9] Den im August 1990 gestellten Antrag
des Dr. J. S. auf Rückübertragung u. a. des streitbefangenen Grundstücks lehnte
der Beklagte mit Bescheid vom 3. März 1997 ab und verwies auf die
Ausschlussregelung des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG. Der Widerspruch
des Klägers blieb erfolglos.
[10] Seine am 12. Oktober 1998 erhobene
Klage begründete der Kläger im Wesentlichen damit, dass § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG nicht eingreife,
da ein besatzungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang entfallen sei. Der
Klageschrift war als Anlage eine Mitteilung des Bundesarchivs Abteilung Potsdam
vom 19. September 1995 beigefügt, nach der die Sequesterlisten A (Enteignung), B
(Rückgabe) oder C (Konzernvermögen) von den Landesregierungen an die Deutsche
Wirtschaftskommission zur Weiterleitung an die SMAD eingereicht worden seien und
mit Beglaubigungsvermerken versehen sein sollen. In dem vorhandenen Aktenbestand
des Bundesarchivs hätten aber bisher keine Sequesterlisten mit diesen
Bestätigungsvermerken bzw. Stempel und Unterschrift der SMAD festgestellt werden
können. Gegebenenfalls müsste das Schriftgut der Abteilung Sequestrierung und
Beschlagnahme bei der SMAD herangezogen werden, was allerdings die Öffnung der
GUS-Archive voraussetze. Eine Veröffentlichung der Sequesterlisten sei
seinerzeit nur in Berlin erfolgt, in der übrigen sowjetischen Besatzungszone
jedoch nicht.
[11] Im
Oktober 2001 überreichte der Kläger dem Verwaltungsgericht verschiedene
Unterlagen, darunter u. a. zwei in russischer Sprache abgefasste Befehle,
nämlich den Befehl Nr. 154/181 vom 21. Mai 1946 sowie den Befehl Nr. 183 vom 5.
August 1946, sowie einen ebenfalls in russischer Sprache abgefassten Auszug aus
der Liste B. Diesen Unterlagen war eine Übersetzung der Schriftstücke ins
Deutsche beigefügt.
[12] Zur
Erläuterung führte der Kläger aus, Ermittlungen beim Staatsarchiv in Moskau
hätten ergeben, dass Dr. R. S. tatsächlich ursprünglich auf der Liste A der SMAD
geführt worden sei. Aufgrund des Befehls Nr. 183, den der stellvertretende
Befehlshaber der SMAD der Provinz Brandenburg erlassen habe, sei Dr. R. S. auf
die Liste B gesetzt worden. Bei dieser Liste habe es sich um eine Aufstellung
von Personen gehandelt, deren Grundstückssequestrierungen rückgängig zu machen
gewesen seien. Die Aufnahme des Betreffenden in der Liste B stelle ein
Enteignungsverbot dar. Darüber hätten sich die deutschen Stellen bei der
Enteignung hinweggesetzt.
[13] In der
mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Prozessbevollmächtigte
des Klägers erfolglos einen förmlichen Beweisantrag gestellt, wonach das Gericht
Beweis erheben sollte zu der Tatsache, dass die eingereichten Kopien der Liste B
der SMAD authentisch seien und die Befehle von der SMAD
stammten.
[14] In der
Sache hat der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der ergangenen
Bescheide zu verpflichten, das streitbefangene Grundstück
zurückzuübertragen.
[15] Der
Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und dabei die Auffassung
vertreten, dass die Rückgabeliste B nicht in jedem Falle ein Enteignungsverbot
begründen könne. Eine Bindung entfiele nur dann, wenn einer deutschen Stelle
nachträglich Tatsachen bekannt gewesen seien, bei deren Kenntnis auch die
Besatzungsmacht die Rückgabeliste B geändert hätte.
[16] Das
Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen
ausgeführt, dass der besatzungshoheitliche Zurechnungszusammenhang durch die
angebliche Eintragung in die Liste B nicht aufgehoben sei. Ein Stillhalten der
Besatzungsmacht sei allein nicht ausreichend, um ein Enteignungsverbot
nachträglich entfallen zu lassen. Vielmehr sei ein "actus contrarius"
erforderlich. Dabei komme es allein auf die Besonderheiten des Einzelfalls an,
insbesondere darauf, ob die Enteignung dem erklärten Willen der Besatzungsmacht
zuwider vorgenommen wurde. Nicht entscheidend sei, dass bei jedem Vorliegen
einer Rückgabeliste auch automatisch ein ausdrücklicher konkreter Aufhebungsakt
entsprechend der Liste erforderlich gewesen wäre. Es könne dahingestellt
bleiben, ob die vom Kläger überreichten Dokumente authentisch seien oder nicht.
Selbst wenn dies der Fall sein sollte, seien sie für das Verfahren nicht
entscheidungserheblich, da der vorliegende Fall Besonderheiten aufweise, die
einer Rückgabeanordnung der Besatzungsmacht hier ausnahmsweise den Charakter
eines Enteignungsverbots nehmen würden. Nach den Besonderheiten des Einzelfalls
sei nicht festzustellen, dass die deutschen Stellen in einer "bedeutsamen Weise
dem Willen der Besatzungsmacht zuwider gehandelt hätten". Zum Zeitpunkt des
Erlasses des Befehls Nr. 183 seien nämlich die Ermittlungen zur Person des Dr.
R. S. noch nicht abgeschlossen gewesen. Mit der Einstufung des Genannten als
Kriegs- oder Naziverbrecher habe man eindeutig den Anforderungen der
SMAD-Befehle genügt. Es habe zudem dem generellen Willen der SMAD entsprochen,
diejenigen zu enteignen, die von den deutschen Stellen auf den Enteignungslisten
erfasst worden seien.
[17] Gegen
das verwaltungsgerichtliche Urteil hat der Kläger die vom Senat zugelassene
Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und vertieft sein
bisheriges Vorbringen zur Unterbrechung des besatzungshoheitlichen
Zurechnungszusammenhangs.
[18] Der
Kläger beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 11. Januar 2005
und den Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen des Landkreises
Potsdam Mittelmark vom 3. März 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des
Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg vom 7. September
1998 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, das Grundstück in W. Flur 10,
Flurstück 286 an den Kläger zurückzuübertragen.
[19] Der
Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
[20] Die
Beigeladene äußert sich nicht zur Sache.
[21] II Die Revision ist zulässig und mit
dem Ergebnis der Zurückverweisung begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts
beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht. Die entscheidungstragende Ansicht
des Verwaltungsgerichts, das streitbefangene Grundstück sei dem Kläger nicht
zurückzuübertragen, da der Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG eingreife,
entspricht auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht
der Rechtslage.
[22] 1. Das
Verwaltungsgericht hat nicht erkannt, dass im vorliegenden Fall der
besatzungshoheitliche Zurechnungszusammenhang unterbrochen sein kann, wenn die
vom Kläger eingereichten Dokumente über die SMAD-Befehle einschließlich der
beigefügten Liste B authentisch sind und diese den Bereich der sowjetischen
Befehlsstelle verlassen haben. Unter diesen Voraussetzungen besteht nämlich ein
Enteignungsverbot, das zur Anwendbarkeit des Vermögensgesetzes
führt.
[23] Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht
bei der Frage, ob § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG eingreift und
gegebenenfalls der besatzungshoheitliche Zurechnungszusammenhang unterbrochen
ist, "allein auf die Besonderheiten des Einzelfalls" abgestellt. Nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum
Restitutionsausschluss des § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG werden die von
deutschen Stellen durchgeführten Enteignungen dann nicht der sowjetischen
Besatzungsmacht zugerechnet und sind damit von dieser Norm nicht erfasst, wenn
sie einem generellen oder im Einzelfall ausgesprochenen ausdrücklichen Verbot
der Besatzungsmacht zuwider liefen (Urteile vom 13. Februar 1997 BVerwG 7 C 50. 95 BVerwGE 104, 84 [86], vom
17. April 1997 BVerwG 7 C 15. 96 BVerwGE 104, 279 [286], vom
2. Mai 1996 BVerwG 7 C 41. 95 BVerwGE 101, 150 und vom
24. September 2003 BVerwG 8 C 27. 02 BVerwGE 119, 82 [84 f.]).
Zwar rechtfertigt der bloße Umstand, dass ein bestimmtes Unternehmen oder ein
bestimmter Eigentümer nicht in einer von der Besatzungsmacht bestätigten
Enteignungsliste aufgeführt war, im Allgemeinen noch nicht die Annahme eines
Enteignungsverbots. Falls sich aber die betreffenden Vermögensgegenstände, etwa
ein Unternehmen, auf einer von der Besatzungsmacht bestätigten Liste über die
Freigabe von sequestrierten Unternehmen, Grundstücken etc. befanden, ist dies
regelmäßig als ein Verbot der Enteignung anzusehen. Deshalb ist eine nach der
Bestätigung der Freigabeliste von deutschen Stellen gleichwohl vorgenommene
Enteignung auch nicht auf besatzungshoheitlicher Grundlage ergangen (Urteil vom
17. April 1997 BVerwG 7 C 15. 96 a. a. O.).
[24] Dasselbe gilt, wenn die sowjetische
Besatzungsmacht schon auf einer eigenen Liste bestimmte Vermögenswerte
freigegeben hat, also nicht nur eine von deutschen Stellen zur Vorbereitung
einer SMAD-Entscheidung gefertigte Liste später bestätigt
hat.
[25] Nach
den von Klägerseite übermittelten SMAD-Befehlen Nr. 154/181 vom 21. Mai 1946 und
Nr. 183 vom 5. August 1946 und der dazu erstellten Liste B ist aber, sofern
diese Unterlagen authentisch sind und den Bereich der Befehlsstelle verlassen
haben, von einem ausdrücklichen Verbot der Besatzungsmacht für die deutschen
Stellen auszugehen.
[26] Unausgesprochene, aber
selbstverständliche Voraussetzung ist, dass tatsächlich ein Befehl der
sowjetischen Besatzungsmacht ergangen sein muss. Es muss damit ein authentischer
Befehl der SMAD oder der sowjetischen Militärstellen vorliegen. Weiterhin ist
Voraussetzung, dass dieser Befehl in der Rechtswirklichkeit erkennbar geworden
ist. Es darf sich nicht nur um einen Entwurf oder ein bloßes Internum handeln,
das nicht nach außen getreten ist. Ausreichend ist, dass er den Bereich der
Befehlsstelle verlassen hat. Ein "hängengebliebener" Befehl bewirkt keine
Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs.
[27] Entgegen der Auffassung des
Verwaltungsgerichts kommt es damit nicht auf die Besonderheiten des Einzelfalls
an. Dieser spielt erst recht keine Rolle für die Klärung der Frage, ob die
Enteignung dem erklärten Willen der Besatzungsmacht zuwider vorgenommen worden
ist, wie offenbar das Verwaltungsgericht meint. Mit seiner Auffassung, es sei
nicht festzustellen, dass die deutschen Stellen in einer "bedeutsamen Weise dem
Willen der Besatzungsmacht zuwider gehandelt hätten", da zum Zeitpunkt des
Erlasses des SMAD-Befehls Nr. 183 die Ermittlungen zur Person des Dr. R. S. noch
nicht abgeschlossen gewesen seien, verkennt das Verwaltungsgericht auch das
Unterbrechen des besatzungsrechtlichen Zurechnungszusammenhangs durch einen
Gegenakt der Besatzungsmacht. Irgendeine Korrekturbefugnis bezüglich der
Voraussetzungen einer Enteignung stand den deutschen Stellen, die nur Organe der
sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland waren, nicht zu. Die Regelung des
§ 1 Abs. 8 Buchst. a VermG knüpft
ausschließlich an den Geltungsanspruch der staatlichen Macht- und
Herrschaftsordnung der Besatzungsmacht an. Dies gilt sowohl für die
Entziehungsakte als auch für die von der Besatzungsmacht ausgesprochenen
Enteignungsverbote. Nur ausnahmsweise können die Besonderheiten des Falles einer
Rückgabeanordnung der Besatzungsmacht den Charakter eines den
besatzungshoheitlichen Zurechnungszusammenhang unterbrechenden
Enteignungsverbots nehmen (vgl. Urteil vom 3. Juni 1999 BVerwG 7 C 35. 98Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 4). Für eine solche
Annahme reichen hier die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts
nicht aus.
[28] 2. Der Senat kann in der Sache nicht
selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO). Denn es fehlt an
den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen, ob die vom Kläger während des
verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eingeführten Dokumente authentisch sind und
den Befehlsbereich der damaligen sowjetischen Befehlsstelle verlassen haben. Dem
Umstand, dass sich diese Befehle bisher nicht in den Akten der
Verwaltungsbehörden finden und offenbar auch dem Beklagten bisher nicht bekannt
waren, kann keine ausschlaggebende Rolle beigemessen werden. Nach der Auskunft
des Bundesarchivs ist nämlich die Heranziehung des Schriftguts der Abteilung
Sequestrierung und Beschlagnahme bei der SMAD geboten. Zudem ist nach der
Mitteilung des Bundesarchivs eine Veröffentlichung der Sequesterlisten in den
Ländern der sowjetischen Besatzungszone mit Ausnahme von Groß-Berlin nicht
erfolgt, was auch für das in Brandenburg gelegene streitbefangene Grundstück von
Bedeutung ist.
[29] Für die
Existenz einer solchen Liste B spricht die "Verordnung zur entschädigungslosen
Übergabe von Betrieben und Unternehmungen in die Hand des Volkes" vom 5. August
1946 Verordnungsblatt der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg, Nr. 12/1946, S.
235. Diese Verordnung ist u. a. von dem im SMAD-Befehl Nr. 183 als
Befehlsempfänger genannten Präsidenten der damaligen Provinzialverwaltung Mark
Brandenburg Dr. Steinhoff unterzeichnet worden.
[30] Nach §
1 dieser Verordnung sollten die privatwirtschaftlichen gewerblichen Betriebe und
Unternehmungen, soweit sie in der mit Befehl des Chefs der SMA der Provinz Mark
Brandenburg General der Garde Scharow Nr. 177 vom 5. August 1946 übergebenen
Liste A genannt waren, entschädigungslos und lastenfrei in das Eigentum der
Provinz Mark Brandenburg übergehen. Dasselbe war für sonstige Vermögenswerte
vorgesehen, die in gleicher Weise listenmäßig zusammengefasst waren. Nach § 1
Abs. 2 der VO sollten allerdings Betriebe, Unternehmungen und Vermögenswerte
unberührt bleiben, die nach Liste B den Eigentümern zurückzugeben
waren.
[31] Das
Verwaltungsgericht wird auch zu berücksichtigen haben, dass Zweifel am
Eingreifen der SMAD-Befehle Nr. 154/181 und Nr. 183 nicht deshalb bestehen, weil
diese etwa von dem späteren SMAD-Befehl Nr. 64 aufgehoben worden sein könnten.
Für einen derartigen Aufhebungsakt gibt schon dessen Wortlaut nichts
her.
[32] Das
Verwaltungsgericht wird auf der Grundlage des vom Kläger in der mündlichen
Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten förmlichen Beweisantrags
Anlass haben, die Echtheit der (angeblichen) SMAD-Dokumente zu prüfen. Ebenso
wird es zu ermitteln haben, ob diese Dokumente den Bereich der damaligen
Befehlsstelle verlassen haben. Es bietet sich eine Auskunft bei dem russischen
zentralen Staatsarchiv in Moskau an, die auf amtlichem Wege einzuholen sein
wird. Ebenso kommt eine Auskunft des Bundesarchivs in Berlin, eine Auskunft des
brandenburgischen Landeshauptarchivs in Potsdam und auch die Beiziehung der
Rückübertragungsakten des R. S. in Frage, die beim Landesamt zur Regelung
offener Vermögensfragen Brandenburg geführt sein sollen. Der Betreffende ist
nämlich in der Liste B, die zum Befehl Nr. 183 ergangen ist, unter der laufenden
Nr. 135 aufgeführt. Ihm soll nach der Aktenlage tatsächlich das dort
verzeichnete Grundstück von den sowjetischen Besatzungsstellen zurückgegeben
worden sein.
[33] Im Übrigen wird das Verwaltungsgericht
nicht zu überprüfen haben, ob der Inhalt der sowjetischen Befehle einschließlich
der beigefügten Listen zutrifft oder nicht, insbesondere auch nicht, ob jemand
zu Recht oder zu Unrecht auf diese Liste gesetzt worden ist. Eine solche
Überprüfung ist gerade nach Sinn und Zweck des § 1Abs. 8 Buchst. a VermG
ausgeschlossen.
[34] Der
Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 8 354, 52 €
festgesetzt.
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