Dienstag, 19. Dezember 2017

Atatürk in Bad Kreuznach - Vor 100 Jahren stattete Mustafa Kemal Pascha Kaiser Wilhelm im Bad Kreuznacher Kurhaus einen Besuch ab, Kreuznach war zu jener Zeit die heimliche Hauptstadt des Deutschen Reiches

         Hinweis durch einen Bericht in der Rhein Zeitung

Quelle: allgemeine-zeitung.de/vor-100-jahren-stattete-mustafa-kemal-pascha-kaiser-wilhelm-im-bad-kreuznacher-kurhaus-einen-besuch-ab

Vor 100 Jahren stattete Mustafa Kemal Pascha Kaiser Wilhelm im Bad Kreuznacher Kurhaus einen Besuch ab 

Auszug:

 BAD KREUZNACH - Wer war Vahideddin? Immerhin der türkische Thronfolger, der Kaiser Wilhelm besuchte. Doch wer redet heute noch von den beiden? Im Gefolge Vahideddins befand sich ein junger Offizier, von dem die Welt noch heute spricht. Manche sagen auch: Er wurde der einzige Staatsmann, den der Erste Weltkrieg hervorgebracht hat. Die Rede ist von Mustafa Kemal Pascha, der 1934 den Beinamen „Atatürk“ bekam – Vater der Türken. Genau 100 Jahre ist es her, dass Kemal mit seinem königlichen Chef dem Kaiser die Aufwartung im Bad Kreuznacher Kurhaus machte, vom 19. bis zum 20. Dezember 1917.

Staatsbesuch in der heimlichen Hauptstadt
Kreuznach war zu jener Zeit die heimliche Hauptstadt des Deutschen Reiches. Hier war das Große Kriegshauptquartier der Obersten Heeresleitung unter Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff stationiert, der Kaiser residierte im 1913 gerade fertiggestellten Kurhaus. Die Türkei war im Ersten Weltkrieg mit dem Deutschen Reich verbündet. Deutschland hatte unter anderem den Bau der Bagdad-Bahn übernommen, die von Konya nach Bagdad führen sollte. Kemal hatte sich gleich zu Beginn des Krieges mit großen militärischen Erfolgen ausgezeichnet. Geboren wurde er 1881 im multikulturellen Selanik, heute Thessaloniki in Griechenland, wo er auch zur Militärschule ging. 1915, in der Schlacht um die Halbinsel Gallipoli, errang er einen glänzenden Sieg gegen die Alliierten, die vergeblich den Durchbruch durch die Dardanellen erzwingen wollten. Daraufhin musste Winston Churchill als Erster Lord der Admiralität zurücktreten, Kemal dagegen wurde zum General befördert. Wegen dieses Sieges wurde Kemal damit ausgezeichnet, den Thronfolger nach Deutschland zu begleiten. Als ihn in Kreuznach Hindenburg und Ludendorff von ihrer geplanten Frühjahrsoffensive überzeugen wollten, blieb Kemal skeptisch. Er konnte den Optimismus der Herren nicht teilen und fragte, welche konkreten Ziele diese Offensive eigentlich habe. Hindenburg und Ludendorff blieben die Antwort schuldig. Und Kemal hatte den richtigen strategischen Riecher bewiesen. Nicht einmal ein Jahr später war der Krieg für das Deutsche Reich verloren – und auch für das Osmanische Reich. Erst jetzt begann der eigentliche Aufstieg Kemals: der Befreiungskrieg gegen Griechenland und die Gründung der Türkischen Republik am 29. Oktober 1923. Kemal wurde zum Präsidenten gewählt – und veränderte die Türkei, wie niemals zuvor ein islamischer Staat verändert wurde. Staat und Religion wurden strikt getrennt. Frauen wurden Männern gleichgestellt und erhielten das Recht auf Scheidung. Die am Koran orientierte Rechtsprechung wurde vom Zivilrecht nach Schweizer Vorbild abgelöst. Zudem führte Kemal das lateinische Alphabet ein, das die arabische Schrift ersetzte. Mustafa Kemal Atatürk starb am 10. November 1938 an einer Lebererkrankung in Istanbul. Er hinterließ ein Land, das sich den Ideen der Aufklärung und der westlichen Lebensart geöffnet hatte.
Über Zusammenhänge nachdenken

Achtzig Jahre nach Atatürk ist heute wieder eine völlig andere Türkei sichtbar. Vom Vermächtnis Atatürks will der heutige Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan nichts mehr wissen. Die Ideen der Republik werden mehr und mehr abgelöst von diktatorischen Maßnahmen und staatlicher Willkür.
100 Jahre Atatürk-Besuch in Bad Kreuznach sind auch Anlass, über diese Zusammenhänge nachzudenken. Ein großes Relief im Foyer des Bad Kreuznacher Kurhauses erinnert an den großen türkischen Staatsmann.

 

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