Auszug:
Der Mann im Teufelsmoor
Jo Conrad ist der Talkmaster der
Reichsbürger. Bei Bewusst.tv gibt es keine Gewissheiten, nur Mythen und
Spirituelles. Dem Publikum gefällt's.
WORPSWEDE/BERLIN taz
| Jeder Schritt führt weg aus der Wirklichkeit, mit jedem Meter nimmt
eine Parallelwelt Form an, in der nichts ist, wie es scheint. Ein
hochgewachsener Mann, Asketengesicht, 58 Jahre, flaniert ins
Teufelsmoor. Er hält inne. Ein klarer Himmel spannt sich über Wiesen,
Marschen und Bäume, die wirken wie hineinaquarelliert in dieses
braungrüne Stillleben. Jo Conrad hat diesen Ort ausgesucht, um sich als
naturverbundener Denker in Szene zu setzen. Er sagt, es müsse doch
erlaubt sein, Fragen zu stellen. Gibt es kosmische Gesetze? Gibt es
Außerirdische? Gibt es HIV? Ist die Bundesrepublik ein Staat? Für ihn
hängt das alles zusammen, Ufos und Chemtrails, die Lügen der
Pharmaindustrie, der 11. September.
Denn wenn wir manipuliert werden,
wer weiß dann, was wirklich ist und was nicht? „Man kann einzelne
Themen nur begreifen, wenn man sieht, dass hinter den offensichtlichen
Strukturen noch andere Strukturen sind“, sagt er. Das Fragenstellen ist
sozusagen Conrads Geschäftsmodell. Er kann davon leben, „bescheiden“,
wie er sagt. Er hat Bestseller geschrieben.
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Jo Conrad zählt zu den führenden
Verschwörungstheoretikern in Deutschland. Zum harten Kern der
Reichsbürger gehört er nicht. Anders als die Vordenker des Milieus
konstruiert er keine juristischen Fiktionen, er überschüttet seine
Zuhörer nicht mit vermeintlichen völkerrechtlichen Belegen, dass die
Bundesrepublik gar nicht existiere. Es gibt unter den Reichsbürgern
zahllose Gruppen, die Szene ist atomisiert und zerstritten. Aber alle
nutzen alternative Medienangebote. Jo Conrad betreibt den Onlinekanal
Bewusst.tv. Dort waren alle namhaften Vertreter zu Gast, Staatenlose,
Selbstverwalter, selbsternannte Könige, Reichskanzler......
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