Quelle: kirche-im-swr.de/manuskripte
Auszug:
„Mögest du viele Frühlinge und nur einen Herbst erleben.“ Das habe
ich in einem Kalender gelesen mit irischen Segenssprüchen. Und ich habe
mich gefragt, was ich davon halten soll. Ich mag den Herbst nämlich
sehr. Die Wälder, die bunten Bäume mit Blättern, die sich verfärben, die
klare Herbstluft, manchmal Nebel. Diese ganze besondere Herbststimmung –
die liebe ich. Und vor allem vieles, was gut schmeckt: Pflaumen und
Nüsse, Kürbisse und Pilze. Nur einen Herbst, aber viele Frühlinge?
Klar, der Frühling ist auch toll. Etwas Neues fängt an. Der Anfang von
etwas Neuem. Neue Kraft und mehr Licht. Und endlich wird die Welt wieder
grün. Ja, immer wieder Anfangen, immer wieder erleben, dass die Sonne
länger scheint und das Leben neu erwacht, das ist etwas ganz
Besonderes. Das brauche ich manchmal. Wie eine Energiespritze.
.Aber
manchmal tut auch ein Schub in die andere Richtung gut: Mach langsam.
Mach früher Schluss, komm zur Ruhe, wenn es dämmrig wird. Alle Energie,
alle Pläne dürfen ein bisschen pausieren. Der Herbst taucht alles in ein
anderes Licht: Auch wenn es manchmal schwer fällt loszulassen und ich
nicht weiß, wie ich mit Dunkelheit umgehe. Ich erfahre gerade dann,
dass dieser Kreislauf der Natur, Frühling, Sommer, Herbst und Winter,
seinen Sinn hat, auch für mich.
Genau wie in der Natur muss auch
ich nicht alles festhalten. Ich muss nicht immer nur aufbauen, powern,
anpacken. Nicht immer nur anfangen, sondern auch einmal etwas
abschließen. Es liegt eine große Weisheit im Rhythmus, den die Natur uns
vorgibt. Wie in der Natur hat beides in meinem Leben einen Sinn: Der
Frühling und der Herbst. Wenn ich daran denke, dann könnte der Segen
vielleicht so lauten: „Mögest Du das Gute im Frühling und das Gute im
Herbst sehen. Mögen Dein Aufbauen und Dein Loslassen gut zusammenwirken
und beides in Gott geborgen sein.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen