Lillith wird nur einmal in der Bibel erwähnt
****************************************************
zeit.de/1975/12/adams-erste-frau
Auszug:
Adams erste Frau
Von Vilma-Mönckeberg-Kollmar
Was hat sich eigentlich die UN
gedacht, als sie 1975 zum Jahr der Frau erklärte? Vorläufig erleben wir
nur ironische Kommentare und Verhohnepiepelungen der Frauen. Das
Fernsehen fand es angebracht, einen Film mit dem harmlosen
Titel "Reise nach Wien" zu senden, der nicht vermuten ließ, daß es sich
dabei um zwei Flittchen handelte, deren Männer an der Front kämpften,
während sie Daheimgebliebene verführten und hereinlegten, um etwas zu
erreichen oder Unerlaubtes zu tarnen.
Wer Krieg und
Nachkriegszeit miterlebt hat, wird sich erinnern, was Frauen,
insbesondere Mütter, gelitten und geleistet haben. Ihrer
Einsatzbereitschaft, ihrem praktischen Sinn war es zu danken, daß Männer
und Kinder überlebt haben, als es nur Hungerrationen gab.
In einer Sammlung
schwedischer Volksmärchen habe ich folgende Geschichte gefunden, die ich
mit Vergnügen in meine Märchenprogramme aufgenommen habe und die die
Männer nachdenklich und die Frauen hellwach machen sollte:
In einem Dorf tief im
Gebirge wurden die Bauern von den Tussen heimgesucht – Tussen ist der
Name für die Unterirdischen. Ein Tusse lieh sich des öfteren von einem
Bauern die verschiedensten Dinge, brachte alles aber immer pünktlich
wieder zurück. Davon bekam der Gemeindepfarrer Wind, und er suchte den
Bauern auf, um zu sehen, was an der Sache war.
"Ja", sagte der
Bauer, "wenn du wartest, kannst du den Tussen sehen. Er kommt um zwölf
Uhr und bringt mir eine Kanne Bier zurück." Der Pfarrer setzte sich und
wartete. Pünktlich um zwölf Uhr erschien der Tusse und brachte die Kanne
Bier. Als er den Fremden sah, machte er eine Verbeugung und wollte
fort. Aber der Pfarrer hielt die Tür zu und redete auf den Tussen ein,
denn er hielt ihn für den Teufel und, wollte ihn bekehren. Er zeigte ihm
das Neue Testament, erzählte ihm vom Christkind und erklärte ihm die
Texte.
Der Tusse hörte eine
Weile zu, dann sagte er: "Ich bin nicht so gelehrt, um dir Rede und
Antwort zu stehen. Aber wenn du warten willst, schicke ich meinen Bruder
der ist Pfarrer bei uns." Der Pfarrer aber hielt die Tür zu, weil er
glaubte, der Tusse wolle sich nur drücken.
"Laß ihn laufen", sagte der Bauer,
"was der Tusse sagt, das hält er auch. Ein Tusse lügt nie." Da ließ ihn
der Pfarrer los, setzte sich und wartete. Nach einer Zeit erschien
wirklich der Tussenpfarrer im schwarzen Talar mit weißer Halskrause und
dem Alten Testament unter dem Arm.
"Kennst du das erste
Kapitel der Schöpfung?" fragte der Tusse. Ja, das kenne er, antwortete
der Pfarrer. "Da steht geschrieben", sagte der Tusse, "daß Gott Mann und
Frau zu gleicher Zeit schuf. Weißt du das?" Ja, das wußte der Pfarrer.
"Aber als die Welt das zweite Kapitel erreicht hatte, schuf Gott aus der
Rippe Adams ein zweites Weib, weißt du das auch?" Das wußte der
Pfarrerauch.
Der Tusse erzählte
weiter: "Da sagte Adam: Dieses Mal ist es Fleisch von meinem Fleisch und
Bein von meinem Bein. Weißt du, warum er sagte ‚dieses Mal‘?" Nein, das
wußte der Pfarrer nicht. "Als Gott das erste Weib schuf", sagte der
Tusse, "schuf er es dem Adam ebenbürtig und sie sagte: Ich bin ebensogut
ein Stück Schöpfung wie Adam und will diesem auf keinen Fall Untertan sein. Gott fand, daß es nicht gut sei, wenn Mann
und Frau gleich seien und verbannte Adams erste Frau in die Erde und in
die Hügel. Dort lebt sie jetzt mit ihren Nachkommen und sie leben ohne
Sünde. Dann schuf Gott das zweite Weib aus Adams Rippe. Darum sagte Adam
‚dieses Mal‘, weil sie vom Mann genommen war. Sie lebt auf der Erde und
ihre Kinder leben in der Sünde. Darum habt ihr das Neue Testament
nötig. Wir brauchen nur das Alte Testament."
Als der Pfarrer das
hörte, schämte er~sich und bestieg nie mehr eine Kanzel um zu predigen. –
Der Name von Adams erster Frau steht nirgends in der Bibel. Sie hieß
Lili oder Lilo – aber das ist kein Unterschied und tut nichts zur Sache.
Aber es gab Adams erste Frau. So erzählt das nordische Märchen.
In der Bibel aber
steht: Lasset uns den Menschen nach unserem Bilde machen, und er schuf
ein Männlein und ein Weiblein (so schreibt Luther) und sagt zu ihnen:
Machet euch die Welt Untertan. Euch sagte er. Euch! Wo ist
diese erste ebenbürtige Frau geblieben? In apokryphen Schriften heißt
sie Lilith und ist eine Teufelin geworden. Bei Goethe erscheint sie beim
Hexensabbath – aber bei der Schöpfung war sie Adams ebenbürtige Frau.
Im zweiten Kapitel
erscheint ohne nähere Erklärung – Adam langweilt sich augenscheinlich,
weil er wieder allein ist – die Frau aus seiner Rippe, also eine Art
Abfallprodukt, wozu ein nutzloses Organ des Mannes ausreichte. Was also
könnte dieses Weib anderes wollen, denken, tun, als was der Mann wollte.
So ist es geblieben bis
heute. Möge im Jahr der Frau Lili wieder, auferstehen, die zu gleicher
Zeit wie Adam geschaffen wurde und ihm ebenbürtig.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen